Ansichten
zu Politik und Recht

Eugen David

Diktatoren brauchen Blockwarte

Geschichte

Unter dem Hitler-Regime (1933- 1945) organisierte die allein herrschende NSDAP die Überwachung der Bevölkerung und die Verfolgung von Opponenten mit einem Netzwerk von Blockwarten.

Die über 200‘000 Blockwarte waren auf der unterste Ebene der Parteihierarchie angesiedelt und für die Überwachung von jeweils ca. 500 Einwohner zuständig.

Sie hatten den übergeordneten Parteiorganen laufend und detailliert über das Verhalten von Personen in ihrem Quartier zu berichten und so das frühzeitige Eingreifen der Polizei zu ermöglichen.

Ausserdem waren sie in ihrem Quartier von Haus zu Haus für die Parteipropaganda zuständig und permanente Ansprechperson für Denunzianten.

Als Blockwarte kamen nur disziplinierte Anhänger der NSDAP in Betracht.

Gegenwart

Während der Covid-19 Pandemie liess die allein herrschende chinesische kommunistische Partei ein bereits unter Mao Zedong erprobtes analoges Blockwart-System wieder voll aufleben.

Bezweckt war eine vollständige Überwachung der Bevölkerung. Der allein herrschende Führer der kommunistischen Partei, Xi Jinping, setzte so seine drakonischen Bewegungs- und Kontaktverbote beim Milliardenvolk Chinas durch.

Auf seine Anordnung hin dekretierte das Politbüro der kommunistischen Partei am 10. April 2024, zusammen mit dem chinesischen Ministerrat, eine Fortführung des Blockwartsystems nach der Covid-Pandemie.

In den nächsten fünf Jahren sollen in ganz China disziplinierte Parteiangehörige als Blockwarte jeweils pro 550 Einwohner installiert werden. Bei 1.2 Mia. Einwohner resultiert ein regimetreues Netzwerk von über 2 Mio. Blockwarten.

Ziel des Diktators Xi Jinping ist es, mittels des dichten Blockwart-Netzes die Fortdauer der Alleinherrschaft der kommunistischen Partei zu gewährleisten und seine eigene absolute Machtposition über die ganze Bevölkerung abzusichern.

Als Blockwarte werden regimetreue Parteimitglieder aus den einzelnen Quartieren rekrutiert, bezahlt und sozial vorteilhaft abgesichert. Erfüllen sie ihre Überwachungsaufgaben zugunsten der Partei nicht mit vollem Engagement, werden sie zur Verantwortung gezogen.

Sie haben den übergeordneten Parteiorganen über das Verhalten der Personen in ihrem Quartier zu berichten, Opponenten aufzuspüren, deren Verfolgung zu ermöglichen und die Verbreitung der Parteipropaganda von Haus zu Haus sicherzustellen.

Der Überwachungsstaat des chinesischen Regimes ist bereits weit fortgeschritten:

Das Ministerium für Staatssicherheit hat im August 2023 eine Website aufgeschaltet, worin es die Bevölkerung auffordert, Spione, die laut Staatssicherheit überall aktiv sein können, zu melden. Eine junge Frau meldet ihren Freund als Spion, weil er die chinesische Nationalhymne nicht rezitieren kann.

Man kann darüber lachen. Indessen handelt es sich um ein typisches Symptom des Denunziantums in einem totalitären Staat.

Position des Bundesrates
zum chinesischen Totalitarismus

Das Blockwart-System ist ein etabliertes Gewalt-System totalitärer Staaten und der Tod jeder individuellen Freiheit.

Individuelle Freiheit gefährdet die Macht von Diktatoren am meisten. Sie bekämpfen sie daher mit allen Mitteln des Polizeistaats.

Aussenpolitik ist für den aktuellen Bundesrat wertfrei und hat primär den Interessen schweizerischer Wirtschaftsunternehmen zu dienen. Ob Staaten totalitär organisiert sind oder nicht, ist irrelevant.

Der Aussenminister und der Wirtschaftsminister verstehen sich als Auslandvertreter der schweizer Wirtschaft.

Im EDA gilt immer noch die seit langem falsifizierte These, schweizer Wirtschaft bringe den Chinesen und andern Völker unter Diktatoren automatisch mehr Freiheit und humanitäre Rechte. Im Übrigen müsse man weder etwas tun, noch etwas unterlassen.

Die Verteidigung einer freiheitlichen Gesellschaftsordnung gehört nicht zu den Prioritäten im Pflichtenheft der aktuellen Regierung.

Dementsprechend hat sie den europäischen Ländern verboten, in der Schweiz gekaufte Munition den Ukrainern zur Verteidigung ihrer Freiheit gegen den russischen Diktator Putin zur Verfügung zu stellen.

Der totalitär herrschende Putin soll sich – ebenso wenig wie Xi – über die schweizer Regierung ärgern müssen.

Würde diese Haltung von der Europäischen Union geteilt, könnte sie die freiheitlich organisierte europäische Gesellschaft in den Abgrund führen.

Die EU betrachtet China als “an economic competitor and a systemic rival” (07.12.23). Der Bundesrat lehnt eine solche Bewertung ab.

Die SVP/FDP-Koalition im Bundesrat meint, die Schweiz sei ein Sonderfall auf dem Planeten und ihre Regierung könne dort, wo alle westlichen Demokratien in der Aussenpolitik rot sehen, grün sehen. Das gilt insbesondere im Verhältnis zu Diktaturen, seien es Russland, China, Iran, Weissrussland oder andere.

In seiner China-Strategie sagt der Bundesrat daher, er wolle eine „unabhängige Politik“ gegenüber China verfolgen. Verbunden ist damit die Erwartung, vom chinesischen Regime wirtschaftliche Vorteile für schweizer Firmen zu erlangen.

Zugunsten des freiheitlich-demokratisch organisierten Taiwans tut der Bundesrat politisch gewollt gar nichts.

Der totalitäre Machthaber in Beijing wird die Haltung der schweizer Regierung - sofern er davon erfährt - wohlwollend würdigen. Ob deswegen schweizer Firmen bessere Geschäfte machen, bleibt ungewiss.

Im Januar 2024 hat der Bundesrat ein Mitglied des Politbüros der kommunistischen Partei Chinas, Li Qiang, mit allen Ehren in Bern empfangen.

Kurz zuvor hatte das Politbüro mit massiver militärischer Einkreisung von Taiwan in der Luft und zur See alles unternommen, um dort die Wahl eines freiheitlich denkenden Präsidenten zu verhindern - erfolglos.

Auf Antrag von FDP-BR Cassis und SVP-BR Parmelin reagierte der Bundesrat gegenüber Li Qiang mit dem Beschluss, die Beziehungen zum totalitären chinesischen Regime vertraglich auszubauen und zu vertiefen.

12.04.2024

zur Publikation als PDF